Nicht selten hören wir im Zuge von sportlicher, körperlicher Belastung, aber auch im Zuge von Alltagsbewegungen wie Stiegen steigen, die Aussagen „da bin ich außer Atem“, „ich bekomme fast keine Luft“ oder von der anderen Seite, als gut gemeinte Ratschläge, „du atmest falsch“.
Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es aber für dysfunktionale Atemmuster oder -formen keine präzise Definition. An sich beherrschen wir alle den Vorgang, schließlich begleitet er uns von der ersten bis zur letzten Minute unseres Lebens und dazwischen muss irgendetwas an dem Vorgang schon richtig sein. Aber woher kommen dann so Aussagen „ich bin außer Atem, obwohl ich mich fast nicht bewegt habe“. Es herrscht also das Gefühl, dass irgendetwas mit der Atmung nicht stimmen kann. Meistens beschreibt es Verhalten mit Hyperventilation, also sehr schneller Atmung, oder „over breathing“, unerklärte Atemnot oder Atemschwierigkeiten und Unregelmäßigkeiten bei der Atmung.
Also obwohl wir wissen sollten wie es geht, stimmt trotzdem etwas nicht. Meistens wird es auf mangelnde Fitness zurückgeführt, aus wissenschaftlicher Sicht liegen aber eher andere biochemische Effekte zugrunde, die uns die Atmung erschweren oder das Gefühl bringen nicht ausreichend zu Atmen. Um dem Ganzen auf die Spur zu kommen, was uns im Zuge der Atmung Schwierigkeiten bereitet, hier eine Liste der häufigsten Anzeichen für ein dysfunktionales Atemmuster.
Wie soll man also atmen?
Ich denke, auch wenn die Wissenschaft Wege gefunden hat die Atmung zu optimieren, so kann man optimale Atmung auch einfach erklären. Atmung sollte einfach, leise, angenehm, rhythmisch, entspannend, in den Bauchraum, und durch die Nase stattfinden. All diese Punkte mögen zwar für die Wissenschaft deutlich positiv sein, aber auch der allgemeine Hausverstand würde den Eigenschaften nicht unbedingt negatives zuschreiben. Unsere heutige Lebensgestaltung und Verdichtung von Zeit lässt die Anzahl und Dauer von Stressphasen, die jetzt nicht nur als negativ zu sehen sind, sondern einfach Phasen mit erhöhter Leistungsbereitschaft darstellen, ansteigen. Schritt für Schritt verändert sich aber unser übliches Atemmuster zu jenem, welches wir in Stressphasen nutzen und die notwendige Entspannung entfällt bzw. fällt immer schwerer.
Kann man die Qualität der Atmung auch quantifizieren, also messen?
Wenn man etwas ändert, so möchte man ja auch irgendwie die Erfolge darstellen können, damit man Verbesserung auch objektivieren kann. Im Zuge des Atemtrainings lässt sich dies sehr einfach über den BOLT Score ( body oxygen Level Test) und den MBT (Maximum breathlessness Test) messen.
Hält man den Atem an, so erhält man nach einem bestimmten Zeitfenster vom Körper eine direkte Meldung, dass man wieder einatmen sollte. Der chemischen Trigger zu diesem Reflex erfolgt aber nicht primär durch einen Mangel an Sauerstoff, sondern schon viel früher durch eine Erhöhung der CO2 Konzentration im Blut. Atmen wir regelmäßig tief aus, vor allem durch den Mund, wie man es häufig in gestressten Situationen macht, so sinkt dauerhaft der CO2 Spiegel im Blut. Man spricht in so einem Fall von sogenannter Hypokapnie. Das klingt im ersten Moment gar nicht so schlecht, wissen wir doch das CO2 ein Gas ist, dass wir nicht primär mit Gesundheit in Verbindung bringen. De facto nehmen die Zellen aber mit einem höheren CO2 Level und damit sinkenden ph-Wert mehr Sauerstoff aus dem Blut auf, da der Sauerstoff durch mehr CO2 weniger an das Hämoglobin, den Sauerstofftransporter im Blut, gebunden ist. Dieser Effekt wurde durch den dänischen Physiologen Christian Bohr 1904 entdeckt und nach ihm benannt. Für seine Entdeckung wurde er auch für den Nobelpreis vorgeschlagen.
Natürlich lässt sich dieser CO2 Anteil nicht beliebig erhöhen und es empfiehlt sich auch nicht die Nase in den Auspuff eines Verbrennungsmotors zu halten. Trotzdem kann mit Übung und Training der tolerierbare CO2 Level von beispielsweise 35 mmHg auf 40-45 mmHg angehoben werden. Immerhin ist dies bereits eine Steigerung um 20%. Die Messung des CO2 im Blut, und die körperliche Reaktion dazu, ist prinzipiell machbar, aber nicht unbedingt so einfach zu Hause durchzuführen, ohne technischem Gerät. Wenn CO2 aber den Trigger für notwendiges Einatmen darstellt, so kann man einfach die Zeit bis zum Einatem-Impuls messen. Es geht dabei nicht darum die maximale Zeit zu Messen, sondern jene Zeit bis der erste, deutliche Einatem-Impuls wahrnehmbar wird. Die maximale Zeit wäre durch die Willenskraft zu stark beeinflusst. Anfänglich ist dies gar nicht so einfach festzustellen, aber einige Versuche machen die Messung schon deutlich nachvollziehbarer, also im Verlauf der Wochen. Manche müssen ruckartig die Schultern heben, bei anderen bewegt sich der Kehlkopf oder das Zwerchfell beginnt sich zu bewegen. Ich habe festgestellt, dass die eine oder andere Sekunde mehr oder weniger nicht wichtig ist, mit der Zeit wird es immer einfacher Tendenzen feststellen zu können. Die Messung wird wie schon erwähnt BOLT-Score genannt.
Ich persönlich kann aus meinen Erfahrungen nur jedem raten sich einem funktionellen Atemmuster anzunähern, die positiven Effekte für den Sport sowie für den Alltag sind deutlich spürbar und zu empfehlen.
Der BOLT Score sagt nicht alles
Fehler im funktionellen Atemmuster aber lediglich am BOLT Score festzumachen wäre ein wenig zu eindimensional und zu kurz gegriffen, so haben sich weitere Fragen zur Identifikation einer solchen Problematik als günstig erwiesen.
- Fühlst du dich angespannt?
- Hast du kalte Hände und Füße?
- Musst du häufig gähnen?
- Atmest du in der Nacht häufig durch den Mund?
Ein weiterer Test, der aber zu einem großen Teil durch die Willenskraft beeinflusst wird, ist der maximum breathlessness Test (MBLT). Hier geben nicht nur ein erhöhter CO2 Level, sondern auch Kontraktionen der Atemmuskulatur den deutlichen Wunsch zum Gehirn ab, einzuatmen. Der Ablauf ist ebenfalls relativ simpel.
Das Ziel ist 80 bis 100 Schritte zu erreichen in Einzelfällen kann diese Zahl auch deutlich erhöht werden. Weniger als 60 Schritte bedeutet große Möglichkeiten zur Verbesserung.
Tipp: Um die Zeit während dieser Atempausen zu verlängern, kann man natürlich einfach häufiger die Luft anhalten, es gibt jedoch deutlich einfachere und effizientere Wege die funktionelle Atmung zu verbessern.