Um die Vortriebsgeschwindigkeit einer zyklischen Sportart, z.B. Schwimmen, Laufen oder Rudern, zu bestimmen, gibt es eine kurze und simple Formel. Die Geschwindigkeit ist gleich der Zyklusfrequenz mal dem Zyklusweg.
Entspricht das Ende der Bewegung dem Beginn der nächsten Wiederholung, spricht man von einem Bewegungszylus. Taucht beim Kraulen die linke Hand ins Wasser ein, so endet der Zyklus sobald die Hand das nächste Mal eintaucht.
Da man sich während eines Zyklus‘ üblicherweise vorwärts bewegt, spricht man beim Weg der während eines Zyklus‘ zurückgelegt wird vom Zyklusweg. Wie oft man den Zyklus pro Zeiteinheit, im Sport meistens pro Minute, wiederholt, spricht man von der Zyklusfrequenz. Um die Geschwindigkeit nun zu steigern hat man die Möglichkeit entweder den Weg pro Zyklus zu verlängern (z.B. größerer Abdruck), oder die Anzahl der Wiederholungen pro Minute zu erhöhen. In den meisten Fällen verändern sich beide Komponenten. Mit Zunahme der Ermüdung ist die Geschwindigkeit jedoch eher über eine höhere Frequenz aufrechtzuerhalten.
Optimierung vs. Technischer Fehler
Beobachtet man SchwimmanfängerInnen so ist meistens festzustellen, dass die Bewegungsfrequenz sehr hoch ist und der Vortrieb eher gering. Im Zuge der weiteren technischen Entwicklung versucht man nun den Weg pro Bewegungszyklus zu verlängern. Diese Anweisung hat in den letzten 15-20 Jahren im Schwimmsport beziehungsweise im Triathlon stark Einzug gehalten. Nicht zuletzt durch Publikationen wie „Triathlon Swimming made easy“ und „Total Immersion“ von Terry Laughlin (2002&2004). Es ging dabei immer darum den Zugweg zu maximieren und dabei möglichst lange zu gleiten. Ich habe mich leider selbst als Trainer sehr oft dabei gehört wie ich gerufen habe „länger gleiten“. Der Nachteil liegt aber darin, dass es zu einem so genannten „übergleiten“ kommen kann und der Geschwindigkeitsabfall in einem Zyklus so groß wird, dass man immer wieder aufs Neue beschleunigen muss. Der Haken liegt aber darin, dass im Wasser abrupte Kraft- und Geschwindigkeitsanstiege nicht adäquat in Vortrieb umgesetzt werden können.
Ähnlich verhält es sich, wenn man auf einer Eisfläche steht. Man kann auf dieser stehen, man kann darauf gehen und man kann auch laufen. Es wird jedoch sehr schwierig sein auf der Eisfläche schnell wegzulaufen. Laufen auf Eis ist lediglich möglich, wenn man die Geschwindigkeit graduell erhöht.
Hohe Frequenzen im Schwimmen haben dabei nicht per se mit einem großen Kraftaufwand zu tun. Auch hier gilt wieder die Analogie zum Laufen auf einer Eisfläche. Daher ist die Bewegungsfrequenz dahingehend zu erhöhen, dass sich die Arme schnell bewegen, der Kraftaufwand aber eher gering bleibt.
Zahlen, Daten, Fakten
Während vergangener Tage die Zyklusfrequenz durch den Trainer oder Beobachter am Beckenrand mittels Stoppuhr festgestellt wurde, so kann dies heute mittels Smart-Watch durchgeführt werden. Man muss jedoch im Auge behalten, dass die Messungen im Becken per Smart Watch durchaus fehlerbehaftet sind, da ja nur die Züge von der Hand mit der Uhr am Handgelenk gemessen werden. Somit geht durchaus mal ein halber Zyklus verloren. Werden die Züge beider Arme gezählt so spricht man von der Zugfrequenz. Die Zugfrequenz ist gleich der Zyklusfrequenz mal 2. Der größere Fehler liegt aber darin, dass die gezählten Züge auf die geschwommen Zeit pro Länge gerechnet werden und nicht auf jene in der sich die Arme auch bewegen. Das heißt übersetzt, dass SchwimmerInnen die nach dem Abstoß lange gleiten einen größeren Fehler bei der gemessenen Zyklusfrequenz zeigen, als jene die nicht oder kaum gleiten. Im Freiwasser fällt das Gleiten nach dem Abstoß weg, somit ist der Fehler auch nicht vorhanden. Trotzdem kann die Information der Uhr im Becken sehr wertvoll sein. Die Werte sollten nur nicht als exakte Messung verstanden werden.
Nach Daten bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta und den Schwimmweltmeisterschaften 1998 in Perth schwammen die Herren auf 1500-1650m Zyklusfrequenzen von 39-43/Min (Zugfrequenz ZF 78-86/Min) und die Damen auf der 800-1000m Strecke sogar 44-54/Min (ZF 88-108/Min) .(Vgl. Maglischo, 2003)
Analyse
Was bedeutet das nun für das Ziel des schnellen Freiwasserschwimmens im Triathlon?
Ich habe mir beim Ho’ala Swim Race 2019 (3,8km Freiwasser ohne Neoprenanzug auf Kona, Hawaii) die Zyklus- bzw. die Zugfrequenzen der einzelnen Teilnehmer bis zu einer Endzeit von rund 60Min auf den letzten 50-100m angesehen. Meine Analyse entspricht zwar nicht einer exakten wissenschaftlichen Genauigkeit, da ich die Zyklen mit einer App namens „SPM“ von meinen gemachten Videos gemessen habe, aber es reicht um eine eindeutige Tendenz erkennen zu können. Natürlich sind die Daten der letzten 100m auch ein wenig verfälscht, weil mitunter am Ende noch zu einem Zielsprint angesetzt wird, aber selbst wenn beschleunigt wird, dann steigt die Zugfrequenz nicht so ohne weiteres um mehr als 20-30%.
In der Abbildung ist zu erkennen, dann tendenziell bei den schnelleren Endzeiten höhere Zugfrequenzen zu finden sind. Die Gruppen werden natürlich immer größer und damit nimmt der Anteil an niedrigen Zugfrequenzen deutlich zu, aber sehr hohe Zugfrequenzen von >90/Min sind in Richtung Endzeit von 60Min gar nicht mehr zu finden. Wo hingegen die Gruppe mit Zugfrequenzen von <60/Min hinzukommt.
Auch prozentuell schaut die Verteilung nicht viel anders aus.
Da im Agegroup-Bereich die Zielsetzung häufig darin besteht auf 3,8km einfach unter einer Stunde zu schwimmen und dieses Ziel sich mit Aufwand und Wirkung leichter realisieren lässt als <50Min, so kann man die schnellsten Gruppen durchaus außen vor lassen. Sieht man sich die Zugfrequenzen der Endzeiten von 51:42-60:11Min an, so zeigen diese im Mittelwert rund 73 Züge/Min.Meine eigenen Beobachtungen aus dem Schwimmbad zeigen mir aber sehr häufig Zugfrequenzen von <50/Min.
Fazit
Wer schneller im Freiwasser schwimmen möchte tut gut daran sich ein höhere Zugfrequenz anzueignen.
ACHTUNG: Die Erhöhung der Zugfrequenz dauert verhältnismäßig lange, damit diese auch über längere Strecken relativ entspannt gehalten werden kann. Als vorsichtige Schätzung würde ich für eine Erhöhung der Zugfrequenz von 20% ca. 6-10 Monate einplanen.